Gyde Jensen wird Schirmherrin der Beratungsstelle TABU

Kiel. Gyde Jensen, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, ist Schirmherrin der Beratungsstelle TABU – Anlaufstelle Gesundheit, Frauen, Familie mit dem Schwerpunkt FGM/C. „Mit Gyde Jensen gewinnen wir eine großartige Unterstützerin für unsere Arbeit, die mit dem Thema der weiblichen Genitalverstümmelung vertraut ist und hierzu auch auf Bundesebene aktiv ist. Gyde Jensen wird mit ihrer Expertise eine große Unterstützung für unsere Arbeit sein“, freut sich Vanessa Trampe-Kieslich, Geschäftsbereichsleiterin für Soziale Hilfen bei der Diakonie Altholstein.

Auch Gyde Jensen freut sich über die Möglichkeit, die Beratungsstelle TABU zu unterstützen. Aus ihrer Arbeit im Bundestag weiß sie, dass man für Anliegen, die vor allem Mädchen und Frauen betreffen, immer noch um Aufmerksamkeit kämpfen muss. Die Menschenrechtspolitikerin setzt sich deshalb in besonderer Weise für die Rechte von Mädchen und Frauen weltweit ein. „Frauenrechte sind Menschenrechte“, betont sie. „Der Begriff weibliche Genitalverstümmelung ist eigentlich sehr präzise: Betroffenen Frauen und Mädchen wird etwas Elementares genommen, sie werden verstümmelt. Diese frauenverachtende Praxis verletzt die körperliche Unversehrtheit und ist eine Menschenrechtsverletzung.“ Gyde Jensen zeigt sich tief beeindruckt von der Arbeit der Beratungsstelle: „Die Mitarbeiterinnen arbeiten mit so viel Feingefühl und Expertise. Sie können einen echten Unterschied im Leben der Betroffenen und vor allem auch der potenziell Betroffenen machen.“

Alle elf Sekunden wird ein Mädchen weltweit rituell beschnitten. Schätzungsweise 200 Millionen Frauen sind von Genitalverstümmelung betroffen. Durch Flucht und Migration leben auch in Deutschland ungefähr 74.899 betroffene Frauen und Mädchen. 1800 leben davon in Schleswig-Holstein. Laut der aktuellen Dunkelzifferstatistik der Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES sind zusätzlich circa 20.182 in Deutschland lebende Mädchen von der Beschneidung bedroht. Allein in Schleswig-Holstein sind es 531 Mädchen. Seit zwei Jahren leistet die Beratungsstelle TABU – Anlaufstelle Gesundheit, Frauen, Familie mit dem Schwerpunkt FGM/C, der Diakonie Altholstein, in Schleswig-Holstein Pionierarbeit auf dem Gebiet des „Female Genital Mutilation/Cuttings“ (FGM/C). Darunter versteht man die verschiedenen Formen der Beschneidung der äußeren weiblichen Genitalien. „Wir wollen den Frauen und Mädchen in unserer Beratungsstelle einen sicheren Rückzugsort und Anlaufstelle bieten, damit sie über ihre Fragen, Ängste und Probleme sprechen können“, sagt Vanessa Trampe-Kieslich. Projektleiterin Renate Sticke und Kultur- und Sprachmittlerin Mukrima Hasso haben bisher über 50  Betroffene betreut. „Dabei spielt Vertrauen eine ganz große Rolle und es braucht Zeit, bis die Frauen darüber sprechen können“, berichtet Renate Sticke. Die Beratungsstelle der Diakonie Altholstein ist bisher die einzige in Schleswig-Holstein. „Da die Problematik sich nicht nur auf Kiel begrenzt, bekommen wir zahlreiche Anfragen aus dem ganzen Land zu dem Thema. Das zeigt uns, wie wichtig und notwendig es ist, Fachpersonen und Institutionen im Umgang mit weiblicher Genitalbeschneidung zu sensibilisieren und zu informieren“, sagt Renate Sticke.

Wichtig ist ihr dabei deutlich zu machen, dass FGM/C viele Facetten hat und es nicht als isoliertes Problem zu betrachten ist. Rund 200 Fachleute konnte sie schon für das Thema sensibilisieren. „Die Zielgruppe kann nur nachhaltig geschützt werden, wenn ihr sozio-kulturelles Umfeld davon überzeugt ist, dass FGM/C eine rituelle Praxis mit ernsten physischen und psychischen Folgen ist“, betont die Expertin. Ziel muss es sein, FGM/C schrittweise zu enttabuisieren und die Communitys zu bestärken, das Thema zu ihrem Handlungsfeld zu machen und sich nachhaltig gegen weibliche Genitalverstümmelung zu positionieren. „Diese Entwicklung kann nicht von außen bestimmt werden, sondern sich nur von innen heraus vollziehen. Für diesen Prozess ist es notwendig, Betroffene zu ermächtigen, diesen Dialog zu führen. Die Gewinnung von Multiplikator*innen zum einen als Brückenbauer*innen, die anderen Frauen den Zugang zur Beratung durch einen Vertrauensvorschuss erleichtern, steht hierbei genauso im Focus wie das Wirken in die Community hinein, um einen Dialog zum Wandel und zur nachhaltigen Prävention anzuregen“, erklärt Renate Sticke ihr Anliegen.

Aktuell wird die Beratungsstelle über Gelder von Aktion Mensch und der Diakonie Schleswig-Holstein Stiftung finanziert. „Die Finanzierung durch Aktion Mensch läuft im kommenden Jahr aus. Daher sind wir froh, dass wir mit Gyde Jensen eine Schirmherrin gefunden haben, die sich aktiv für das Projekt und die weitere Finanzierung einsetzt“, sagt Vanessa Trampe-Kieslich. Daher sind Spenden für die Arbeit von TABU sehr wichtig. Wer die Arbeit von Renate Sticke und ihrem Team unterstützen möchte, kann dies unter Angabe des Verwendungszwecks „TABU 2576“ bei der Evangelischen Bank (IBAN DE79 5206 0410 2206 4848 40, BIC GENODEF1EK1) tun.

TABU – Anlaufstelle Gesundheit, Frauen, Familie mit Schwerpunkt FGM/C in der Johannesstraße 45 in Kiel bietet dienstags von 13 bis 14 Uhr und donnerstags von 9 bis 10 Uhr eine offene telefonische Beratung an. Weitere Infos gibt es per E-Mail unter tabu@diakonie-altholstein.de oder telefonisch unter 0431/26093119.